Hypnosepraxis am Sachsenwald       Richard Petersen 

Psychotherapie / Hypnosetherapie                                                   21465 Reinbek, Am Rosenplatz 8                               

Die Freude des Schenkens

Richard Petersen • Dez. 21, 2023

"beatius est magis dare quam accipere"

(Geben ist seliger denn Nehmen, Apostelgeschichte 20,35 LUT)

Weihnachten ist das Fest des Gebens und Teilens. Geschenke zaubern ein Lächeln auf unsere Gesichter und lassen Kinderaugen leuchten.

Doch nicht nur den Beschenkten, sondern auch den Schenkenden machen die Präsente eine Freude.

Warum das so ist, zeigen verschiedene Studien. Demnach beeinflusst großzügiges Verhalten unsere Gehirnaktivität.

Das könnte auch erklären, warum die Spendenbereitschaft im Dezember besonders hoch ist.


Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Diese Weisheit gilt tatsächlich, denn Geschenke helfen, zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen und zu festigen.

Wenn wir jemandem etwas schenken oder ihm freiwillig bei etwas helfen, wollen wir ihm eine Freude bereiten und zugleich unser soziales Netzwerk pflegen.

Dafür müssen wir Geld oder Zeit investieren, ohne eine unmittelbare Gegenleistung zu bekommen.


Das Glücksgefühl, wenn man jemandem mit einem Geschenk eine Freude macht, kennt vermutlich jeder.

In der Wissenschaft hat dieses Gefühl sogar einen eigenen Begriff.

Wenn eine gute Tat ein wohliges Gefühl in einem auslöst, so wird das als "warm-glow" beschrieben.


Diesem Gefühl sind Forscher und Forscherinnen der Universitäten Lübeck, Zürich und der Feinberg School of Medicine in Chicago auf den Grund gegangen. Das Team um Professorin Soyoung Park untersuchte, ob und inwiefern großzügiges Verhalten und Glücksgefühle in unserem Gehirn miteinander verknüpft sind.


Sie untersuchten in einer Studie, wie genau es dazu kommt, dass man sich gut fühlt, wenn man jemandem was Gutes getan hat. Mit Hilfe einer funktionellen Magnetresonanztomografie-Studie sollte das beleuchtet werden. Die Magnetresonanztomografie ermöglicht es unter anderem, detaillierte Informationen über die Hirnaktivität zu erhalten.


Den Teilnehmenden der Studie wurde versprochen, dass sie in den nächsten vier Wochen Geld erhalten würden.

Die eine Hälfte der Teilnehmenden wurde darum gebeten, das Geld für Freunde und Bekannte auszugeben, die andere Hälfte sollte den Betrag für sich selbst ausgeben.

Nachdem alle der Abmachung zugestimmt hatten, wurden alle Probanden unvorbereitet darum gebeten, eine andere Aufgabe zu erledigen. Hierbei sollten sie Entscheidungen treffen, bei denen ihre Großzügigkeit untersucht wurde.

Am Ende der Aufgabe wurden alle auch noch gefragt, wie glücklich sie sich fühlten.

Die Aufgabe wurde im Magnetresonanztomografie-Scanner durchgeführt.


Das Ergebnis: Die Teilnehmenden, die mit dem zu erhaltenden Geldbetrag ihren Freunden und Bekannten etwas Gutes hätten tun sollen, zeigten sich im Versuch großzügiger als die Probanden, die das Geld für sich selbst hätten ausgeben sollen.

Obendrein gab die "schenkende" Gruppe nach der Aufgabe an, glücklicher zu sein als die Gruppe, die das Geld für sich hätte nutzen dürfen.

Damit konnten die Forschenden bestätigen, dass es einen Zusammenhang zwischen Großzügigkeit und Glücksgefühlen gibt.

Die Studie aus dem Jahr 2017 ergab außerdem, dass wir uns schon dann großzügiger verhalten, wenn wir nur vorhaben, anderen etwas zu schenken.


Auch konnte belegt werden, dass großzügiges Verhalten die Aktivierung der Temporallappen (temporal-parietaler Kortex) ansteigen lässt und dies die Aktivierung unseres Belohnungssystems im Gehirn so beeinflusst, dass uns das eingangs erwähnte, wohlige Glücksgefühl - der "warm-glow" überkommt.


Wer großzügig ist und andere beschenkt, ist also wirklich glücklicher.


Warum machen Geschenke auch den Schenkenden Freude?

Dahinter steckt demnach ein neuronaler Mechanismus in unserem Gehirn.

Bei Menschen, die anderen etwas schenken, sind die Hirnregionen des Temporal- und Parietallappens, auch Schläfen- und Scheitellappen genannt, sowie ein Teil des Streifenhügels aktiver.

Diese Gehirnareale sind für großzügiges Verhalten verantwortlich und stehen im Zusammenhang mit unserem neuronalen Belohnungssystem, das Glücksgefühle auslöst.


Im Extremfall führt das dazu, dass Menschen sich so aufopfernd verhalten, dass die Wohltätigkeit ihr Leben bestimmt. Diese Menschen ziehen dann einen Großteil ihres Glücks daraus, etwas für andere zu tun.

Grund dafür ist ein sich selbst verstärkender Effekt, wie Forschende um Lalin Anik von der Harvard Business School bereits 2009 herausgefunden haben.

Demnach macht Schenken glücklicher und glücklichere Menschen geben mehr, wodurch sie wiederum glücklicher werden.


Wieviel Geld wir für Geschenke ausgeben, scheint der Studie zufolge übrigens keine Rolle für unsere Freude am Schenken zu spielen. Ausschlaggebend für das eigene Glück sei der Zweck, also das Geld für andere auszugeben, berichten die Forschenden.

Bereits bescheidene Präsente oder Spenden im Wert von nur fünf Dollar reichten in der Studie aus, um das eigene Glücksniveau zu steigern.


Auch Geld zu spenden, löst im Gehirn Glücksgefühle aus und macht uns dadurch glücklicher, wie Studien belegen.

Ob und wie viel wir für wohltätige Zwecke spenden, hängt aber von einer ganzen Reihe weiterer Faktoren ab, die sich gegenseitig beeinflussen, wie eine Übersichtsstudie von Forschenden um Mark Ottoni-Wilhelm von der Indiana University-Purdue University in Indianapolis aus dem Jahr 2017 zeigt.


Unter anderem spielt es eine Rolle, wie viele andere Menschen ebenfalls spenden, wie hoch die geforderte Spendensumme ist und wem sie zugutekommt.


Wichtige Faktoren sind wiederum auch die Freude des Gebens und der eigene Hang zum Altruismus, also uneigennützigem Handeln.


Auffällig ist, dass die Spendenbereitschaft Umfragen zufolge zur Vorweihnachtszeit im Dezember am höchsten ist – also dann, wenn wir uns ohnehin viele Gedanken ums Schenken machen.


Ich wünsche allen ein schönes Weihnachtsfest mit vielen schönen Momenten.


Vielen Dank fürs Lesen und viele Grüße,

Richard


P. S. Wann immer ich die maskuline Schreibweise verwendet habe, diente dies ausschließlich der besseren Lesbarkeit. Angesprochen sind selbstverständlich immer alle Geschlechter.

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