Hypnosepraxis am Sachsenwald       Richard Petersen 

Psychotherapie / Hypnosetherapie                                                   21465 Reinbek, Am Rosenplatz 8                               

The winner takes it all

Richard Petersen • Apr. 19, 2024

Der Matthäus-Effekt!

Der Matthäus-Effekt (auch: Winner-takes-it-all-Effekt) beschreibt das Phänomen des „kumulativen Vorteils“.

Erste, schnelle Erfolge führen zu weiteren Erfolgen, die sich selbst verstärken – unabhängig von der tatsächlichen Leistung.

Ein Grund dafür ist, dass Erfolge stärkere Aufmerksamkeit erzeugen, die wiederum zu mehr Aufmerksamkeit, mehr Ressourcen und schließlich zu einem Erfolgsmonopol führen.


Der Matthäus-Effekt erklärt zum Beispiel, warum reiche Menschen immer reicher werden oder manche Unternehmen es zu einer marktbeherrschenden Stellung bringen – wie etwa Google bei Suchmaschinen, Amazon im Online-Handel oder Microsoft bei Betriebssystemen.

 

Namensgeber des Matthäus-Effekts ist der US-Soziologe Robert K. Merton. Er entdeckte 1968 das wissenschaftliche Prinzip der „positiven Rückkopplung“ – bedeutet: Größe wirkt sich verstärkend auf sich selbst aus.

Merton erkannte zum Beispiel, dass bereits bekannte Autoren wesentlich häufiger in Büchern und Magazinen zitiert und erwähnt wurden als andere Schriftsteller oder Wissenschaftler. Dadurch wurden sie noch berühmter und verkauften noch mehr Bücher.


Merten nannte den Effekt auch: „Success breeds Success“ – Erfolg vermehrt Erfolg. Artverwandte Sprichwörter lauten: „Erfolg und Erfolg gesellen sich gern.“, „Es regnet immer dorthin, wo es schon nass ist.“ Oder auch: „Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen.“

Der Matthäus-Effekt funktioniert allerdings auch umgekehrt, nach dem Motto: „Ein Unglück kommt selten allein.“


Seinen Namen „Matthäus-Effekt“ hat der Psychoeffekt in Anlehnung an ein Zitat aus dem biblischen Gleichnis von den anvertrauten Talenten im Matthäus-Evangelium (Kapitel 25, Vers 29):

„Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden.“

Auch wenn das Zitat von Kirchenkritikern häufig missverstanden wird (Es bezieht sich auf den Ertrag, nicht auf die Ausstattung: Wer nichts aus seinen Talenten macht, wird enteignet), beschreibt es treffend ein immer wieder zu beobachtendes Gesetz des Erfolges: Einmal da, vermehrt sich der Erfolg nahezu automatisch und exponentiell.


Aus einem Erfolg wird bald eine Erfolgsserie. Wer Geld hat, bekommt noch mehr Geld. Und wer im Sport die Nase vorn hat, bekommt alles. Der Erste ist immer der Gewinner, der zweite dagegen schon erster Verlierer. Auch wenn der zweite vielleicht nur eine Hundertstelsekunde langsamer war.

Die Erklärung hierfür: Der Beste hat nicht deshalb einen Vorsprung, weil er von Anfang an um ein Vielfaches besser war als seine Konkurrenten. Es kann auch ein kleiner Vorteil sein, der sich aber Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr selbst verstärkt und den Vorsprung vergrößert.


Aus diesem Grund wird der Matthäus-Effekt auch „1-Prozent-Regel“ genannt: Es reicht aus, nur ein Prozent besser zu sein als andere, um mit der Zeit den Großteil aller Ressourcen für sich beanspruchen zu können.


Zum Vergleich nutzen Forschende gerne den Amazonas-Regenwald. Trotz Tausender konkurrierender Baumarten, sind es oft nur ca. 200 Arten, die mehr als 50 Prozent der Fläche bedecken.

Ihr Geheimnis ist ebenfalls der kumulative Vorteil: Die Gewinner-Bäume wachsen etwas schneller als die anderen – nicht viel schneller, aber genug, um einen kleinen Vorteil zu haben. Sie bekommen dadurch mehr Licht und wachsen noch schneller. Ebenso ihre Wurzeln. Dadurch bekommen sie auch mehr Wasser und Nährstoffe.

Der minimale Unterschied am Anfang führt auf lange Sicht dazu, dass sie ihre Konkurrenz buchstäblich in den Schatten stellen.


Der Matthäus-Effekt lässt sich überall im Alltag beobachten und führt oft zu einer bemerkenswerten Ungleichverteilung, die nur noch wenig mit Fairness, Chancengleichheit oder Gerechtigkeitsempfinden zu tun hat.

Verleugnen lässt sich das Gesetz des Größenvorteils trotzdem nicht.


Beispiel Literatur
Ein Autor, der 1 oder 2 Bestseller geschrieben hat, schreibt auch den dritten mit Leichtigkeit, weil Presse und Medien, das Werk sofort rezensieren und Fans kaufen.


Beispiel Prominenz
Kinder von Prominenten, Schauspielern, Models oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens werden ebenfalls leichter bekannte Schauspieler, Musiker oder gründen mit ihrem bekannten Namen eine neue Parfüm- oder Modelinie.


Beispiel Politik
Ein erfolgreicher Unternehmer krönt seine Karriere mit einem gesellschaftlichen Hochamt und lässt sich zur Präsidenten-Wahl aufstellen. Da ihn alle als erfolgreichen Menschen wahrnehmen, der umsetzt, was er anpackt, wird er gewählt – obwohl das nichts über seine politischen Qualitäten aussagt.


Beispiel Fußball
Der FC Bayern dominiert seit Jahren die Bundesliga. Seit der Gründung des Vereins Bayern München gab es insgesamt 33 Deutsche Meistertitel und 20 DFB-Pokal-Titel. Das zieht Top-Talente an, die wiederum für noch mehr Siege sorgen.


Beispiel Reichtum
Die 10 Prozent reichsten Menschen der Welt besitzen rund 86 Prozent des weltweiten Nettovermögens – und werden damit tatsächlich immer reicher. Die Schere geht jedes Jahr weiter auf.


Auch wenn der Matthäus Effekt suggeriert, Erfolg sei ein Selbstläufer. Er ist es nicht!!


Das spätere Erfolgsmonopol basiert vor allem auf den Anfangsvorteilen, die sich mit der Zeit zu einem großen Vorteil auswachsen, der sich selbst verstärkt – eine Art Aufwärtsspirale. Trotzdem bleibt der Ausgangspunkt entscheidend!


Erfolge beschleunigen sich nicht einfach so. Wer die Karriereleiter empor klettern will, muss vor allem am Anfang Gas geben und mehr tun und sich mehr anstrengen als andere. Dazu braucht es oft nur einen kleinen Vorsprung, eine einzige Innovation oder Idee, die dich ein Stück besser macht als den Wettbewerb.


Wer das ganz große Rad drehen will, dem bleibt hierfür keine Alternative. Das ist vielleicht eine unbequeme Wahrheit, aber eine ewige Wahrheit.


Oder wie es der Verkaufsprofi und Motivationsredner, Zig Ziglar, einmal formuliert hat: „Du musst nicht spitze sein, um anzufangen. Aber du musst anfangen, um spitze zu werden!“ 


In diesem Sinne, vielen dank fürs Lesen und viele Grüße,

Richard


P. S. Die maskuline Schreibweise habe ich ausschließlich wegen der besseren Lesbarkeit verwendet. Angesprochen sind selbstverständlich immer alle Geschlechter.

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