Hypnosepraxis am Sachsenwald       Richard Petersen 

Psychotherapie / Hypnosetherapie                                                   21465 Reinbek, Am Rosenplatz 8                               

EMDR

Richard Petersen • Juni 23, 2023

Therapie traumatischer Erlebnisse

Täglich geschehen auf der Welt Unfälle, Gewalttaten oder Katastrophen. Menschen, die Opfer davon werden und über keine ausreichend starke psychische Widerstandskraft verfügen, erleiden meist ein Trauma.

"Normale", nicht belastende Erlebnisse werden vom Gehirn in verarbeiteter Form im Gedächtnis abgespeichert.

Ein traumatisches Erlebnis ist für den Betroffenen jedoch so überwältigend, dass er es nicht so schnell und geordnet verarbeiten kann, wie andere Erlebnisse.

Die Erinnerungen an das traumatische Geschehen werden deshalb in einer Art Rohform abgespeichert. Diese Erinnerungen bestehen vor allem aus Sinneseindrücken, Körperempfindungen und Gefühlen.


Darüber hinaus werden traumatisch verarbeitete Erfahrungen im Grunde im Gehirn so abgelegt, dass sie jederzeit unmittelbar abrufbar sind, sobald eine Situation auch nur ansatzweise an die einmal erlebte Katastrophe erinnert.

Jemand, der einmal auf der Straße überfallen wurde, kann sich etwa durch Schritte hinter sich, sofort in die schreckliche Situation zurückversetzt fühlen und flüchten. Eine solche unbewusste Reaktion kann auch passieren, wenn seit dem Überfall Jahre vergangenen sind und er sich in einer sicheren Gegend aufhält.


Daran setzt die EMDR an: Die für die EMDR spezifische Stimulation unterstützt den Prozess, dass die alten Informationen, die das Trauma ausgelöst haben, neu verarbeitet werden. Darauf aufbauend können ungünstige Verhaltensweisen wie Vermeidungsverhalten oder Überkompensation, die der Patient aufgrund des Traumas entwickelt hat, überwunden werden.

Die belastenden Erinnerungen verlieren ihren sich unkontrollierbar aufdrängenden und emotionsgeladenen (intrusiven) Charakter. Diese Intrusionen klingen mit zunehmender Behandlungsdauer ab. An ihre Stelle treten erträgliche Erinnerungen an das Ereignis.


Es gibt verschiedene Therapieformen, ein Trauma zu heilen.

Aber als Therapieform, die Traumafolgestörungen am schnellsten und wirksamsten heilt, gilt derzeit die EMDR.

Eine Therapie mit EMDR benötigt nachweislich 40 Prozent weniger Behandlungsstunden als andere bewährte Verfahren.


Die vier Buchstaben stehen für Eye Movement Desensitization and Reprocessing, was auf Deutsch Desensibilisierung und Verarbeitung durch Augenbewegung bedeutet. Das englische Wort reprocessing bedeutet eigentlich Wiederaufarbeitung.

Seit 1991 wird EMDR in der Traumatherapie in Deutschland angewendet. Viele Studien belegen ihre Wirksamkeit. 2006 hat der wissenschaftliche Beirat für Psychotherapie diese Methode als wissenschaftlich begründete Psychotherapiemethode anerkannt. Seit 2015 wird EMDR als Psychotherapiemethode von der gesetzlichen Krankenversicherung bei Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) für Erwachsene bezahlt.


Auch wenn EMDR in der Regel schneller wirkt als andere Formen der Traumatherapie, ist diese Methode kein Wundermittel und man kann nicht von vornherein festlegen, wie viele Sitzungen nötig sind.
Obwohl die Wirksamkeit wissenschaftlich gut belegt ist, wurde der eigentliche Wirkmechanismus bisher hingegen nicht definitiv geklärt.


Die geleiteten Augenbewegungen entsprechen genau den Augenbewegungen im REM-Schlaf, also der Phase, in der der Schlafende seine Augen ruckartig bewegt. In der REM-Schlafphase werden die Geschehnisse des Tages verarbeitet.

Durch die schnelle Augenbewegung werden beide Gehirnhälften intensiv stimuliert (bilaterale Stimulation).

Blockierte oder nicht integrierte Erinnerungen an das Trauma werden so nachträglich bearbeitet. Damit lassen sie sich auch später noch in die Gesamterinnerungen einbetten und in die Lebenswirklichkeit einordnen.


Die EMDR-Behandlung läuft sehr strukturiert in 8 Phasen ab.


Damit überhaupt eine Behandlung mit EMDR stattfinden kann, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.
Der Klient selbst muss dazu bereit sein, dass die Therapie das Trauma aufdecken kann. Auch Begleiterkrankungen, die in einem Zusammenhang mit dem Trauma stehen, zum Beispiel eine Depression oder Angststörung, müssen ausreichend behandelt sein. Außerdem sollte unbedingt sichergestellt sein, dass der Klient vor einem Täterkontakt geschützt ist, sollte das Trauma beispielsweise aufgrund eines Gewaltverbrechens entstanden sein.

Vor einer EMDR Therapie steht immer die psychische Stabilisierung des Klienten!!!


Zu Beginn der Behandlung werden das Trauma des Klienten und die mit ihm verbundenen Symptome genau analysiert. Der Klient vergegenwärtigt sich das traumatische Erlebnis in Gedanken und Gefühlen und erlebt auf diese Weise das belastende Ereignis noch einmal. Gleichzeitig folgt er mit den Augen den Handbewegungen des Therapeuten oder wird auf andere Weise bilateral stimuliert. Durch die zweiseitige abwechselnde Stimulation kann der Klient seine Erinnerungen an das traumatische Erlebnis, die im Gehirn bis dahin noch nicht wirklich verarbeitet worden sind, beschleunigt reprozessieren, also neu- oder wiederverarbeiten.

Die Erinnerung verliert ihren für ein Trauma typischen intrusiven und emotionsgeladenen Charakter. Eine Intrusion ist ein meist durch einen Schlüsselreiz immer wieder quälend sich aufdrängendes Wiedererleben des traumatischen Ereignisses, ohne dass der Betroffene das steuern könnte.


Phase 1: Vorgeschichte und Behandlungsplanung

Zunächst wird die Vorgeschichte erhoben. Nachdem der Therapeut Kontraindikationen (Tatsachen, die gegen eine bestimmte Therapie sprechen) ausgeschlossen hat, stellt er gemeinsam mit dem Patienten einen Behandlungsplan auf. Darin ist die Wiederbearbeitung, also das Reprozessieren (reprocessing) traumatischer Erinnerung oder anderer Symptome, die mit dem Trauma in Verbindung stehen, wesentlicher Bestandteil.


Phase 2: Vorbereitung des Patienten

Der Patient wird über den Behandlungsplan und die Methode aufgeklärt. Um den Klienten zu stabilisieren, wendet der Therapeut gegebenenfalls vorher Entspannungs- oder imaginative Verfahren an.


Phase 3: Bewertung der Erinnerung

In dieser Phase geht es darum, die besonders belastenden Erinnerungen durch Sinnesreize, Gemütserregungen und auch kognitiv schrittweise so anzusprechen, dass der Klient sie in das gesamte traumatische Geschehen integrieren kann. Das bedeutet, dass der Klient einen vollständigeren Zugang zu seiner Erinnerung bekommt und sie auch gedanklich in sein Gesamterleben einordnen lernt.


Phase 4: Durcharbeitung

In dieser Phase verarbeitet der Klient seine Traumaerinnerungen neu, er reprozessiert sie. Dazu erinnert er sich an bestimmte markante Bilder, an sinnliche Eindrücke und negative Gedankenmuster, die im Zusammenhang mit dem schrecklichen Ereignis stehen. Diese Art der Nachverarbeitung ist von großem Vorteil. Der Druck durch die Erinnerungen, die durch die EMDR-Therapie wieder aktiviert werden, bleibt dadurch psychisch verkraftbar.


Phase 5: Verankerung

Nachdem die Belastung durch die Erinnerung in Phase 4 ausreichend abgenommen hat, wird die in Phase 3 erarbeitete oder eine durch den Verarbeitungsprozess verbesserte positive Kognition in Erinnerung gerufen und überprüft. Mit Kognition sind in diesem Zusammenhang alle Gedanken, Einstellungen oder Meinungen gemeint, die mit dem traumatischen Erlebnis zu tun haben. Beispielsweise wäre eine negative Kognition: „Ich werde nie mehr vertrauen können“, eine positive dagegen: „Das Erlebte ist vorbei.“ Denn traumatische Erinnerungen hinterlassen meist auch Spuren auf der kognitiven Ebene in Form von belastenden Überzeugungen, die immer wieder mit der Erinnerung zusammen auftauchen.


Phase 6: Körper-Test

Im anschließenden Körper-Test sucht man nach eventuell andauernden sinnlich wahrnehmbaren Erinnerungsfragmenten. Beim Körpertest spricht der Klient seine positive Selbstüberzeugung aus und wandert währenddessen mit seiner Aufmerksamkeit langsam von oben nach unten durch seinen Körper und schildert dem Therapeuten dabei die dabei auftretenden Körperempfindungen.

Sollten noch belastende Körpererinnerungen bestehen, werden sie erneut bearbeitet.


Phase 7: Abschluss

Abschließend wird besprochen, welche Wirkung diese Erfahrung auf den Patienten hatte. Der Therapeut vereinbart mit dem Klienten Interventionsregeln für die Zeit zwischen den Sitzungen. Das ist wichtig, weil der in der EMDR-Sitzung angestoßene Prozess auch nach der Sitzung in abgeschwächter Form, zum Beispiel in Träumen oder Gefühlen, weiterlaufen kann.


Phase 8: Nachbefragung

Diese letzte Phase findet am Beginn der nächsten Stunde statt. Ausgelöst von der vorherigen EMDR-Sitzung erlebt der Patient zwischen den Sitzungen meist Erinnerungssplitter oder Träume, die zu Beginn der nächsten Sitzung erneut bearbeitet werden, bevor der Therapeut einen Schritt weitergeht.


Schon nach der ersten erfolgreichen EMDR-Sitzung erleben die meisten Patienten eine deutlich entlastende Veränderung der Erinnerung, auch die damit verbundene körperliche Erregung klingt ab und negative Gedanken und Emotionen können neu und positiver umformuliert werden.


Inzwischen gilt EMDR auch bei weiteren psychischen Leiden als erfolgreiche Therapiemethode.


Anwendungsbereiche für EMDR:

  • Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS)
  • Angst- und Panikstörungen
  • Depressionen
  • Chronischen Schmerzen
  • Folgen von Bindungstraumatisierungen
  • Entwicklungs- und Verhaltensstörungen von Kindern
  • Auswirkungen belastender Lebenserfahrungen
  • Pathologischer Trauer nach Verlusterlebnissen
  • Stoffgebundener Abhängigkeit (Alkohol, Medikamente), vor allem im Zusammenhang mit einer Traumafolgestörung


Neuere wissenschaftliche Studien zeigen, dass EMDR auch in der Behandlung von Depressionen, Phantomschmerzen und der Senkung der Rückfallneigung bei Alkoholkranken wirksam ist.


Obwohl EMDR auf den ersten Blick einfach erscheint, ist es eine hoch wirksame Therapiemethode, die auch Risiken und Nebenwirkungen in sich birgt.
EMDR darf auf keinen Fall angewendet werden bei:

  • Akuten Psychosen
  • Schweren hirnorganischen Störungen, zum Beispiel Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma, Demenzen
  • Epilepsie
  • Einfluss von Drogen oder Alkohol


Eine Behandlung mit EMDR sollte ausschließlich von entsprechend fortgebildeten Therapeuten durchgeführt werden.

Der Behandler muss nicht nur die EMDR-Methode beherrschen, sondern sie auch in das psychotherapeutische Verfahren kompetent einbringen können.

Wie bei jeder anderen Form von Psychotherapie kann es in einer EMDR-Behandlung zu einem zeitweiligen Anstieg der Belastungen kommen. Belastende und bislang nicht verarbeitete Erinnerungen können auftauchen.

Einige Klienten können während einer Sitzung intensive Emotionen oder körperliche Empfindungen im Zusammenhang mit dem bearbeiteten Erlebnis wahrnehmen.

In den Stunden nach einer EMDR-Behandlung kann das Gehirn mit der Bearbeitung der belastenden Erlebnisse fortfahren. Das kann sich in neu auftauchenden Träumen, Erinnerungen oder Gefühlen ausdrücken und den Klienten unter Umständen belasten, weshalb er unbedingt auf diese Möglichkeit vorbereitet werden sollte.

Quelle: Therapie.de


Da EMDR in einigen Punkten hypnotherpeutischen Vorgehensweisen ähnelt, und die o. g. Anwendungsbereiche beide Verfahren erlauben, lässt sich die Methode sehr gut mit therapeutischer Hypnose kombinieren.

Im therapeutischen Ablauf werden Insbesondere die Behandlungsphasen 2-5 werden von den Klienten deutlich angenehmer empfunden. Nach meiner persönlichen Einschätzung handelt es sich bei EMDR um ein sehr wirkungsvolles und wertvolles Instrument, therapeutischer Interventionen.

Ich selbst biete EMDR nach individueller Beratung und Aufklärung an, wenn ich das Verfahren für angebracht und sinnvoll erachte und außerdem der Klient dazu bereit ist und über die erforderliche psychische Stabilität verfügt.


Für weitere Fragen zu diesem oder einem anderen Thema bin ich wie immer nur eine E-Mail entfernt.


Viele Grüße

Richard


P. S. Für die bessere Lesbarkeit habe ich die maskuline Schreibweise verwendet. Angesprochen sind selbstverständlich immer alle Geschlechter.


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