Hypnosepraxis am Sachsenwald       Richard Petersen 

Psychotherapie / Hypnosetherapie                                                   21465 Reinbek, Am Rosenplatz 8                               

Wenn Trauer nicht vergeht

Richard Petersen • Juni 09, 2023

Wie Hypnose helfen kann, pathologische Trauer zu überwinden

Von Kindheit an gehört es zu unseren Aufgaben des Lebens Abschied zu nehmen. Von geliebten Menschen, von einer liebgewonnenen Umgebung, dem Freundeskreis nach einem Umzug, einem sicher geglaubten Arbeitsplatz, von geliebten Tieren etc.

Wir haben unser Leben nicht mehr unter Kontrolle, das Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit ist auf einmal weg und wir stehen der Veränderung hilflos gegenüber. Dies kann eine tiefe Trauer auslösen, die sehr intensiv und kräftezehrend ist. Unsere Lebensqualität und Leistungsfähigkeit sinken, wir durchlaufen eine Krise.

Wir fühlen uns von den alltäglichen Anforderungen des Lebens überfordert.


In diesem Artikel beziehe ich mich auf die Trauerreaktion beim Verlust eines geliebten Menschen.


Die Trauer nach einem Verlust ist ein ganz normaler und wichtiger Prozess und zeigt sich bei jedem Trauernden in unterschiedlicher Qualität, Intensität und Dauer.

Durch den emotionalen Halt Angehöriger, vielleicht auch Seelsorger sowie durch die eigenen psychischen Bewältigungsstrategien verändern sich die Gefühle in der Regel mit der Zeit.

Der schlimmste Schmerz legt sich bei den meisten Trauernden nach vier bis acht Wochen. Bei manchen dauert es länger. Menschen gewöhnen sich mit der Zeit an die neue Situation, Lücken füllen sich und das Leben geht weiter.

Wer voll im Leben steht und ein sicheres soziales Umfeld hat, verarbeitet Trauer in der Regel schneller als alleinstehende Menschen.


Aber manchmal lässt die Trauer einen Hinterbliebenen nicht mehr los. Trauernde geraten in eine Lebenskrise und die eigene Zukunft erscheint hoffnungslos. Dann ist professionelle, vielleicht psychotherapeutische Unterstützung erforderlich.


Etwa 10 % der Trauernden entwickeln eine anhaltende komplexe Trauerreaktion und die kann grundsätzlich nach jedem Verlust auftreten. Jedoch ist die Beziehung zur verstorbenen Person von Bedeutung.

Das Risiko einer anhaltenden Trauerreaktion ist nach dem Verlust eines Kindes oder Partners höher als nach dem Verlust eines Eltern- oder Großelternteils, von Geschwistern oder Freunden.

Unter den Hinterbliebenen, die ihren Partner verloren haben, entwickeln 6-11 Monate nach dem Verlust ca. 10-20 % eine anhaltende komplexe Trauerreaktion.

Eine Studie mit Eltern nach dem Verlust eines Kindes ergab, dass 6 Monate nach dem Verlust 59 % aller Eltern unter der Symptomatik einer anhaltenden komplexen Trauerreaktion litten. Nach weiteren 12 Monaten waren es immer noch 38 % aller Eltern.

Auch die Todesumstände (erwartet vs. unerwartet, gewaltsam vs. nicht gewaltsam etc.) haben einen Einfluss auf die Intensität der Trauerreaktion. Der Verlust durch Suizid beispielsweise ist mit einem erhöhten Risiko für eine anhaltende komplexe Trauerreaktion verbunden.


Experten gehen von einem Grundmuster aus, nach dem Menschen Trauer empfinden.

Der Schriftsteller Franz Grillparzer schrieb dazu: „Trauernde sind überall sich verwandt.“

Er verwendete dabei ganz bewusst das Wort „verwandt“ und nicht „gleich“, um zu berücksichtigen, dass jeder Mensch auch in seiner Trauer einzigartig ist.

Trotz unterschiedlicher Trauermodelle lassen sich ähnliche Verhaltensmuster bei der Trauerverarbeitung erkennen.


Die Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross begründete 1969 die Theorie der „Fünf Phasen der Trauer“.

Ursprünglich beschrieb das Modell den Bewältigungsmechanismus, den Sterbende vor dem eigenen Tod durchlaufen.

Doch auch der Prozess der Trauer nach einem Todesfall wird durch diese Phasen erklärt.


Der Verlust einer geliebten Person ist für jeden Menschen ein emotional belastender Prozess. Wer diesen durchlebt, sieht sich mit diversen Gefühlen konfrontiert. Angst, Wut, Einsamkeit oder auch Überforderung.

All diese Gefühle treten in Phasen auf. Laut Kübler-Ross sind diese Phasen bei jedem Menschen erkennbar.

Wie trauern also Menschen nach einem schlimmen Schicksalsschlag? Welche Phasen gibt es?


Phase 1 Verdrängung

In der ersten Phase dominiert der Schock. Der Trauernde will zunächst die Tatsache des Verlusts nicht wahrhaben. Hier verleugnet er den Fakt, dass ein geliebter Mensch tatsächlich aus dem Leben geschieden ist.


Phase 2 Wut

In der zweiten Phase erkennen Trauernde den Verlust an. Der Tod wird zur Realität. Wut macht sich breit. Die Schuldzuweisungen fallen nicht selten auf die eigene Person oder andere. Ärzte hätten Fehler gemacht, man selbst zu spät reagiert, sind Gedanken, die vor allem in dieser Zeit vorherrschen. Doch trotz dem negativen Gefühl ist Wut auch ein positiver Katalysator. Die Emotion trägt dazu bei, aktiv gegen die Trauer vorzugehen und führt so aus der Hilflosigkeit heraus.


Phase 3 Verhandlung

Was würden Trauernde nur geben, um noch einen Tag mit dem Verstorbenen zu verbringen. Mit diesem Gedanken setzt die Phase der Verhandlung ein. Es ist ein letzter Rettungsversuch. Das „Verhandeln“ nimmt nicht selten Formen körperlicher Erschöpfung an.


Phase 4 Verzweiflung

Der Verlust wird begriffen. Und mit dieser Einsicht gehen körperliche und seelische Niedergeschlagenheit einher. Nicht selten auch Depressionen, soziale Isolation, Schlaf- und Essstörungen. Stirbt ein Hauptverdiener und ist die finanzielle Belastung einer Familie groß, wird das zumeist erst in dieser Phase realisiert.


Phase 5 Akzeptanz

Die letzte Phase der Trauer ist wohl die Entscheidende. Denn die Situation wird akzeptiert. Und mit dem Verlust wird Frieden geschlossen. Ein Wendepunkt tritt ein. Oft findet auch ein Abschlussritual statt. Beispielsweise indem Gegenstände des Verstorbenen weggeschlossen werden oder Betroffene wieder bewusst am Alltag teilnehmen.


Erwähnt sei an dieser Stelle, dass es auch Gegenstimmen zu diesem Phasenmodell gibt. So gibt es andere Experten, die andere Phasen (mehr oder weniger) beschreiben. Wieder andere erkennen kulturelle Unterschiede sowie individuelle Bindungsmechanismen die eine Trauerreaktion beeinflussen.


Hinweise gibt es auf geschlechtsspezifische Unterschiede bezüglich einer anhaltenden komplexen Trauerreaktion.

So scheinen Frauen häufiger betroffen zu sein. Allerdings haben Frauen generell ein größeres Risiko, Verluste zu erleben. Zum einen haben sie eine höhere Lebenserwartung und sind darüber hinaus oftmals jünger als ihre Partner.

Vielleicht wird das Bild auch dadurch verzerrt, dass Frauen häufiger psychotherapeutische Unterstützung in Anspruch nehmen. Möglicherweise gibt es bei Männern eine höhere Dunkelziffer.


Verdrängung oder Unterdrückung von Trauerreaktionen ist übrigens keine geeignete Strategie, einen Verlust zu überwinden. Die Entstehung eines pathologischen Trauerverlaufs wird begünstigt. Betroffene erkranken häufiger an weiteren psychischen Störungen wie etwa Depression oder Angststörungen.

Eine Verdrängung oder Unterdrückung von Trauer kann auch zu körperlichen Erkrankungen führen.

Gefühle, die nicht ausgelebt werden, bahnen sich manchmal einen anderen Weg durch den Körper.

Trauernde mit einem pathologischen Verlauf, weisen vermehrt kardiovaskuläre Erkrankungen und auch Krebserkrankungen auf.


Wann ist es an der Zeit, sich Unterstützung zu suchen?

Wenn Trauernde nach Monaten das Gefühl haben, nicht wieder in den Alltag zu finden oder nicht arbeitsfähig sind, sollte über therapeutische Unterstützung nachgedacht werden.

Ein Erstkontakt kann beim Hausarzt, einer Vertrauensperson oder auch beim Arbeitgeber gesucht werden.

Darüber hinaus gibt es inzwischen viele niederschwellige Angebote wie Trauercafés, Trauerbegleiter oder Selbsthilfegruppen, sei es online oder vor Ort.


Wenn das nicht ausreicht?

Hypnose kann immer dann ein passendes Mittel gegen Trauer sein, wenn diese langanhaltend und quälend ist oder mit traumatischen Ereignissen einhergeht. Schleicht sich durch Trauer eine Depression oder Angststörung ein, ist ebenfalls therapeutische Hilfe angezeigt.
Hypnose löst festsitzende Emotionen im Unterbewusstsein und hilft dabei, neue Sichtweisen und seelische Heilung zuzulassen.

Manche Formen der Hypnosetherapie bei einer anhaltenden komplexen Trauerreaktion arbeiten mit Techniken zur Vergebung und Aussöhnung mit Verstorbenen.

Sie erlauben einem Trauernden im Zustand hypnotischer Trance, Versäumtes oder Ungeklärtes mit dem Verstorbenen zu nachzuholen. Dabei können die Gefühle ausgedrückt werden, die Lebzeiten vielleicht nicht zugelassen werden konnten. Manchmal sind Themen wie Dank oder Aussöhnung, aber vielleicht auch Vergebung aufzuarbeiten.

Über bestimmte Visualisierungstechniken werden in der Hypnose emotionale Verbindungen, Schuldgefühle oder belastende Gefühle zwischen einem Verstorbenen und dem Hinterbliebenen sichtbar gemacht.

Nach einer Trennung und Aufarbeitung dieser Verbindungen spüren sich Trauernde oft sehr erleichtert und Schulgefühle sowie Ängste verschwinden.


Bereits nach wenigen Terminen können Betroffene eine deutliche Erleichterung spüren. Quälende Fragen nach dem „Wieso?“ oder pessimistische Haltungen gegenüber der Zukunft können sich auflösen.

Viele Trauernde finden bald wieder Lebensfreude und können ihren Verlust auf eine neue Weise betrachten.


Trauerbewältigung bedeutet dabei nicht, den Verstorbenen zu vergessen, sondern mit einem guten und unbeschwerten Gefühl an die Vergangenheit zu denken und mit neuer Zuversicht an die eigene Zukunft denken zu können.


Für Fragen, Anregungen oder Kritik bin ich wie immer nur eine E-Mail entfernt.


Viele Grüße

Richard


P.S. Für die bessere Lesbarkeit habe ich die maskuline Schreibweise verwendet. Angesprochen sind selbstverständlich immer alle Geschlechter.

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