Hypnosepraxis am Sachsenwald       Richard Petersen 

Psychotherapie / Hypnosetherapie                                                   21465 Reinbek, Am Rosenplatz 8                               

Von Peter Pan und Wendy

Richard Petersen • Sept. 08, 2023

Wenn Männer nicht erwachsen werden und Frauen sich kümmern wollen.

Er lebt auf einer fiktiven Insel in „Nimmerland“, ist Anführer der „verlorenen Jungs“, erlebt zahlreiche Abenteuer, kann fliegen, kämpft gegen Piraten und hat vor allem einen großen Wunsch: Er will niemals erwachsen werden.


Die berühmte Kindergeschichte von James Matthew Barrie steht Pate für das Syndrom, das der US-amerikanische Familientherapeut Dan Kiley seit Beginn der 1980er-Jahre untersucht. In seinem Ratgeber-Buch „Peter-Pan-Syndrom“, das den Untertitel „Männer, die nie erwachsen werden“ trägt, beschreibt er auf populärwissenschaftliche Weise unangemessene und kindliche Verhaltensmuster von Männern.


Es handelt sich dabei nicht um ein Krankheitsbild einer Persönlichkeitsstörung, sondern ist vielmehr ein sehr eingängiges, allerdings nicht wissenschaftliches Modell, um bestimmte Verhaltensweisen zu kategorisieren.


Der US-amerikanische Psychologe Dan Kiley bezog sich auf die berühmte Fantasy-Figur Peter Pan, ein Junge, der nach traumatischen Erlebnissen beschließt, niemals so zu werden wie die Erwachsenen, die ihn enttäuscht und verletzt haben.

Männer mit Peter-Pan-Syndrom verhalten sich meist verantwortungslos und unverbindlich und benötigen viel Anerkennung, um ihr niedriges Selbstbewusstsein zu erhöhen. In extremer Ausprägung ist das Peter Pan Syndrom ein Zeichen von Bindungsangst und zeigt sich vor allem bei Männern mit starken narzisstischen Anteilen.


Ein konkretes Alter, ab dem das Peter-Pan-Syndrom auftreten kann, gibt es wohl eher nicht. Die Anzeichen des Syndroms können sich in ganz verschiedenen Lebensphasen zeigen. Oftmals wird jedoch vom frühen Erwachsenenalter ausgegangen: In der Regel machen sich die Anzeichen scheinbar schon im Alter von 20 bis 25 Jahren ersichtlich, wenn Betroffene erstmals mit der Übernahme von Verantwortung konfrontiert werden.


6 Anzeichen für das Peter-Pan-Syndrom

Dan Kiley hat verschiedene Anzeichen zusammengestellt, die auf das Peter-Pan-Syndrom hindeuten.


1. Unverbindlichkeit: Männer mit dem Peter-Pan-Syndrom finden es langweilig, sich auf eine feste Partnerin einzulassen. Sie stürzen sich lieber in aufregende Abenteuer ohne Rücksicht auf Gefühle. Wenn du merkst, dass dein Gegenüber immer wieder von einer Affäre zur nächsten springt und keine wirkliche Bindung eingeht, könnte er unter diesem Syndrom leiden.


2. Egozentrik: Peter-Pan-Personen hinterfragen ihr eigenes Verhalten nicht und ignorieren jegliche Kritik, die ihnen gegenüber geäußert wird. Sie fühlen sich oftmals anderen überlegen und zeigen narzisstische Züge. Du könntest das vor allem dann spüren, wenn dein Gegenüber immer im Mittelpunkt stehen will und wenig Rücksicht auf deine Bedürfnisse nimmt.


3. Distanziertheit: Bindungsangst ist ein häufiges Merkmal von Männern mit dem Peter-Pan-Syndrom. Sie haben Schwierigkeiten, ihre Gefühle zu zeigen und ziehen sich zurück, sobald die Beziehung zu ernst wird. Die Angst vor Nähe kann dazu führen, dass dich dein Gegenüber auf Distanz hält. Dadurch könnte es dir schwer erscheinen, eine tiefere Verbindung zu ihm aufzubauen.


4. Verantwortungslosigkeit: Für Peter-Pan-Männer haben Spaß und eine gute Zeit Priorität. Alltägliche Pflichten wie Steuererklärungen oder Rechnungen lassen sie oft links liegen, was zu finanziellen Schwierigkeiten führen kann. Viele von ihnen leben beispielsweise in WGs oder chaotischen Wohnungen, da ihnen das Erwachsenenleben lästig erscheint.


5. Chauvinismus: Vom Syndrom betroffene Männer halten an veralteten Stereotypen und Klischees fest und verhalten sich Frauen gegenüber manchmal wie Machos. Beispielsweise bemerkst du das dann, wenn dein Gegenüber abfällig über dich oder andere Frauen spricht und sexistische Bemerkungen macht.


6. Einsamkeit: Hierbei geht es mehr um die Eigenschaft als um das reine Verhalten. Denn Peter-Pan-Männer haben häufig viele oberflächliche Bekanntschaften und nur selten tiefe Freundschaften. Sie treffen sich gern mit ähnlich gesinnten Kumpels und lassen kaum Raum für emotionale Gespräche.


Wie das Peter-Pan-Syndrom eine Beziehung beeinflusst

In Beziehungen kann es äußerst problematisch sein, wenn der Partner am Peter-Pan-Syndrom leidet. Ein gewisses Maß an Humor und Leichtigkeit ist natürlich förderlich für die Partnerschaft – doch wer will sich schon mit einem Menschen herumschlagen, der sich ständig wie ein Kind verhält? Gerade in Konfliktsituationen kann die Infantilität des Peter-Pan-Manns besonders zum Vorschein kommen – nämlich in seiner trotzigen, kompromisslosen Art. Das kann für den anderen Part in der Beziehung ganz schnell zur Zerreißprobe werden. Auch Narzissmus ist eine Eigenschaft, die nicht unbedingt förderlich für eine Beziehung ist.


Peter-Pan-Syndrom überwinden: Kann er so ein Verhalten abstellen?

Wenn man einen Mann mit Peter-Pan-Syndrom mit seiner Kindlichkeit konfrontiert, kann die Situation schnell eskalieren, da er sich häufig schnell beleidigt und gekränkt fühlt. Hier ist also Fingerspitzengefühl gefragt. Auch eine psychotherapeutische Behandlung kann sinnvoll sein. Möglicherweise können in dem Zusammenhang auch die Ursachen für das Verhalten geklärt werden, die sich auf Erfahrungen in der Kindheit zurückzuführen sind. Das Peter-Pan-Syndrom kann darüber hinaus auch an andere Probleme wie übermäßigen Konsum von Alkohol und Rauschmitteln gekoppelt sein, daher sollten die Symptome nicht unterschätzt werden.


Diese Sorte Mann trifft auf eine Sorte Frau, die darin aufgeht, den Partner und/oder die Kinder zu bemuttern, zu putzen, kochen und alles zu erledigen, was anfällt, ohne auf die eigenen Bedürfnisse zu achten.

Eine Frau, die am "Wendy-Syndrom" leidet.


Wendy ist die weibliche Figur in der Kindergeschichte von James M. Barrie. Sie ist die ältere Schwester von Peter Pan. Sie wird nach Nimmerland gebeten, um sich dort um die „verlorenen Jungs zu kümmern“.


Obwohl Wendy selbst noch nicht erwachsen ist, übernimmt sie die Rolle der Mutter. Sie sorgt für Essen, saubere Wäsche und unterrichtet sogar die Kinder. Wendys Verhalten zeichnet sich vor allem durch große Aufopferung und Hingabe aus. Und so gestaltet sich auch im realen Leben der Alltag vieler „Wendys“.

Neben der tatsächlichen Erziehungsarbeit und Berufstätigkeit übernehmen sie zahlreiche andere Aufgaben. Sie kümmern sich um Termine und Hausarbeit, sehen die „unsichtbare Arbeit“ und sorgen für einen reibungslosen Ablauf. Diese Eigenschaften klingen zunächst positiv. Schließlich sind hilfsbereite Menschen beliebt. Doch die Sache hat einen Haken: Das Wendy-Syndrom führt zu Mental Load.


Das Wendy-Syndrom beschreibt eine Person, die sich aufopferungsvoll um andere kümmert. Das Phänomen braucht einen Gegenpart, eine Person, welche die Hilfe in Anspruch nimmt. Hier kommt das Peter-Pan-Syndrom ins Spiel.

Obwohl beide Formen theoretisch bei beiden Geschlechtern vorkommen können, sind vom Wendy-Syndrom meist Frauen, vom Peter-Pan-Syndrom hingegen eher Männer betroffen.

Erkennen kann man einen Menschen, der am Wendy-Syndrom leidet, meist daran, dass er sich nicht nur aufopferungsvoll um seinen/ihren Partner kümmert, sondern vor allem auch das eigene Leben komplett hintenanstellt. Frauen (und Männer) mit dem Wendy-Syndrom haben das innige Bedürfnis, sich um ihre Partner, Kinder oder andere nahestehende Mitmenschen intensiv zu kümmern und diese stark zu bemuttern.

Im gleichen Atemzug verzichten Wendys auf alles, was ihnen in ihrem Leben möglicherweise selbst wichtig oder von Bedeutung wäre. Sie können nicht anders, als die gesamte Verantwortung an sich zu reißen.


Positiv formuliert könnte man sagen: Das Wendy- und das Peter-Pan-Syndrom sind wie Yin und Yang und bedingen sich gegenseitig.


Das Wendy-Syndrom ist daher auch als Partnersyndrom bekannt. Allerdings sind weder das Peter-Pan-, noch das Wendy-Syndrom wirklich gesunde, reife Verhaltensweisen.


Daher stellt sich die Frage: Warum verhalten sich moderne Frauen dennoch so? Wer anderen jeden Wunsch von den Augen abliest und macht und tut, bietet wenig Angriffsfläche.

Und darum geht es Frauen mit Wendy-Syndrom: Häufig verbirgt sich hier ein geringes Selbstwertgefühl.

Im Wesentlichen sind es drei Ursachen, die sich dahinter verbergen:


1. Sie haben Angst vor Ablehnung

Die Betroffenen haben große Angst vor Ablehnung und Einsamkeit. Das führt zu einem weiteren Problem: Sie können kaum nein sagen, weil sie unbedingt gemocht werden wollen. Das sorgt für eine sich zunehmend verstärkende Abwärtsspirale sowie wachsende Abhängigkeit. Für diesen Wunsch nach Gemeinschaft und Freundschaft bringen die Betroffenen große Opfer.


2. Sie können sich schlecht abgrenzen

Betroffene ignorieren ihre eigenen Wünsche oder ordnen sie den Wünschen anderer unter. Auch Kollegen nehmen diese scheinbare Hilfsbereitschaft gerne in Anspruch. Problematisch ist, dass die Betroffenen sich schlecht abgrenzen können. Und wer in partnerschaftlichen Beziehungen komplett hinter dem anderen verschwindet, hat im Job häufig ähnliche Probleme. Ihnen fehlt es insgesamt an Selbstbewusstsein. Bevor sie Widerstand zeigen, arbeiten sie lieber doppelt und dreifach.


3. Sie haben ein großes Harmoniebedürfnis

Frauen mit Wendy-Syndrom sind konfliktscheu. Sie hassen Konflikte und gehen deshalb Problemen aus dem Weg. Großes Harmoniebedürfnis kommt zwar häufig vor, aber Wendys treiben es auf die Spitze. Immer wieder verleugnen sie eigene Werte und Vorstellungen, „um des lieben Friedens willen“.


Trotz Fortschritten in Sachen Gleichberechtigung halten manche immer noch an der Vorstellung fest, dass Frauen von Natur aus besser im Kümmern sind. Das ist nicht unbedingt ein Lob, sondern eher eine Methode, Frauen bestimmte Aufgaben zuzuweisen, damit Männer sie nicht machen müssen.

Weltweit wird immer noch rund drei Viertel der Care-Arbeit von Frauen geleistet.


Diese stereotypen Annahmen und Gedanken nehmen wir oft bereits in der Kindheit von unseren Eltern an. Früher war es normal, dass die Frau dem Mann die Pantoffeln brachte, für ihn kochte und sich um ihn kümmerte. Heute gilt das nicht mehr. Schließlich sollten wir unsere eigenen Bedürfnisse nicht vergessen und uns auch um uns selbst kümmern.


Selbstverständlich ist es total okay und richtig, sich um Partner, Familie und Freunde zu kümmern, doch du darfst dich dabei nicht selbst vergessen. Wenn du immer hintenanstehst, kann das zur Überlastung führen und deine eigene Gesundheit belasten. Das hat dann nichts mit echter Gleichberechtigung zu tun. Es spiegelt vielmehr alte Denkmuster wider.

Wichtig: Du hast das Recht, an dich selbst zu denken. Es ist fundamental, dass du nicht deine eigene Gesundheit aufs Spiel setzt. Liebevolle Fürsorge für andere ist toll, aber nicht auf Kosten deiner eigenen Bedürfnisse.


So kannst du das Wendy-Syndrom überwinden

Wie bei anderen psychischen Leiden ist die Selbsterkenntnis auch hier der erste Weg, um sich helfen zu lassen. Wenn du merkst, dass du dich ständig um andere kümmerst und dabei immer erschöpfter wirst, ist es höchste Zeit, eine gesunde Balance zu finden. Natürlich ist es nicht immer einfach, alte Gewohnheiten abzulegen. In solchen Fällen kann es jedoch hilfreich sein, mit einem Therapeuten zu sprechen. Die Stärkung des eigenen Selbstwertgefühls spielt hierbei eine besonders wichtige Rolle. Betroffene Frauen sollten sich außerdem von unreifen Männern mit infantilen Verhaltenszügen fernhalten, um es erst gar nicht so weit kommen zu lassen.


Vielen Dank fürs Lesen und viele Grüße

Richard


P. S. Für die bessere Lesbarkeit habe ich die maskuline Schreibweise verwendet. Angesprochen sind selbstverständlich immer alle Geschlechter.

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