Hypnosepraxis am Sachsenwald       Richard Petersen 

Psychotherapie / Hypnosetherapie                                                   21465 Reinbek, Am Rosenplatz 8                               

Was piept denn da?

Richard Petersen • Apr. 14, 2023

Hypnosetherapie bei Tinnitus

Wie kommt es, dass man ein Geräusch hört, das es „gar nicht gibt“?

Und warum werden diese Ohrgeräusche häufig als quälend empfunden?

Wenn wir „Signale aus dem Nichts“ als Tinnitus hören (Geräusche, für die es keine Schallquelle gibt), können wir diese auch keiner uns bekannten Schallquelle zuordnen und daher auch nicht entschlüsseln.

Unser Unterbewusstsein signalisiert „drohende Gefahr“.

Betroffene nehmen, unabhängig vom Umgebungsschall, Brumm- oder Pfeiftöne, knackende oder klopfende, rauschende oder auch zischende Geräusche wahr.


Beim Tinnitus wird unterschieden zwischen „Objektivem Tinnitus“ und „Subjektivem Tinnitus“, d. h. mit oder ohne tatsächliche Geräuschquelle.

Darüber hinaus unterscheidet man zwischen „akut“ (bis 3 Monate anhaltend oder wiederkehrend) und „chronisch“ (länger als 3 Monate anhaltend oder wiederkehrend).

Wer Ohrgeräusche hat, diese im normalen Alltag aber nicht als störend empfindet, hat einen sog. kompensierten Tinnitus.

Im Einzelfall wird ein Tinnitus jedoch als derart quälend empfunden, dass Betroffene nicht mehr arbeitsfähig sind und vorzeitig verrentet werden müssen.

Man spricht dann von einem dekompensierten Tinnitus.


Dementsprechend werden die Ohrgeräusche ein weiteres mal, nämlich nach dem Grad der Belastung unterteilt.


Grad 1: Der Tinnitus ist gut kompensiert und stört den Betroffenen nicht.


Grad 2: Der Tinnitus ist weitgehend kompensiert, tritt aber bei Stille in Erscheinung und wirkt unter Stress und in anderen belastenden Situationen störend.


Grad 3: Die Tinnitus-Symptome sind eine anhaltende Belastung im Berufs- und Privatleben des Patienten. Sie                      verursachen Probleme im kognitiven, emotionalen und körperlichen Bereich. Die Patienten leiden beispielsweise unter Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Muskelverspannungen, Kopfschmerzen sowie Gefühlen von Hilflosigkeit und Resignation.


Grad 4: Die Dauerbelastungen durch den Tinnitus sind so massiv, dass die Lebensqualität der Betroffenen extrem            beeinträchtigt ist. Die Patienten sind nicht in der Lage, ihren Beruf weiter auszuüben, ziehen sich aus dem sozialen Leben zurück und leiden unter massiven psychischen Störungen wie Ängsten oder Depression.


Über die Häufigkeit eines Tinnitus findet man unterschiedliche Daten.

Insbesondere Menschen mit einem Tinnitus Grad 1 oder Grad 2 werden häufig nicht erfasst, weil sie keine Hilfe in Anspruch nehmen.

Man schätzt, dass etwa 5-15% aller Erwachsenen Menschen in Deutschland einmal einen Tinnitus erleben, der länger anhält. Bei ca. 10 bis 20% der Betroffenen spricht man von einem chronischen Tinnitus. Mit zunehmendem Alter steigt die Zahl der Betroffenen. Am häufigsten treten die Ohrgeräusche ab dem 50. Lebensjahr auf.

Etwa 99% der Betroffenen leiden unter dem Subjektiven Tinnitus, d. h. es liegt keine organische Ursache vor.


Häufig erwähnen KlientInnen, die aus ganz anderen Gründen eine therapeutische Unterstützung in Anspruch nehmen, ihren Tinnitus zusätzlich so nebenbei, denn das eigentliche Geräusch liegt nur unmittelbar über der Hörschwelle (der persönlichen Wahrnehmungsgrenze) und erreicht selten mehr als 15 dB.

Die psychische Belastung steht in der Regel jedoch nicht in Zusammenhang mit der Lautstärke, der Tonhöhe oder Art des Geräuschs. Beim Tinnitus spielt die emotionale Bewertung des Ohrgeräusches die entscheidende Rolle für entstehende psychische Folgen.

Nicht zuletzt die Tatsache, dass es sich bei einem Tinnitus um ein „unsichtbares Leiden“ handelt, macht es Betroffenen oftmals schwer, Verständnis für Ihre Belastung zu finden.


Den genauen Entstehungsprozess eines chronischen subjektiven Tinnitus verstehen Experten bis heute nicht vollständig.

Was man weiß: Ein Tinnitus entsteht nicht im Ohr, sondern im Gehirn. Mögliche Ursache kann eine fehlerhafte Signalübertragung oder Signalverarbeitung im Gehörsystem sein.

Früher glaubten Ärzte, einen Tinnitus behandeln zu können, indem sie chirurgisch den Hörnerv durchtrennten.

Mit dem Ergebnis, dass die Betroffenen anschließend zwar taub waren, den Tinnitus jedoch weiterhin hörten.


Dass ein Tinnitus auch emotionale Anteile in sich trägt, scheint offensichtlich, wenn man bedenkt, dass sein Auftreten und seine Intensität eng mit der Lebenssituation der Betroffenen zusammenhängen.

So wirken Stress und emotionale Belastungen als Verstärker, während emotional gesunde Lebensumstände einen Tinnitus mildern.

Wichtig ist, bei Ohrgeräuschen schnell etwas dagegen zu unternehmen! Versuche dich zu entspannen und Stress zu vermeiden. Wenn sich nach 1-3 Tagen keine Besserung einstellt, solltest du einen Arzt aufsuchen!


Für den subjektiven chronischen Tinnitus existieren verschiedene Behandlungsansätze. Die Wissenschaftlichkeit der einzelnen Behandlungsmethoden ist jedoch derzeit nicht evident belegt.


„Bei chronischem Tinnitus ist derzeit nach wissenschaftlichen Untersuchungen eine psychotherapeutische Intervention die am besten untersuchte und daher wissenschaftlich empfohlene Methode der Therapie.“

(Quelle: Deutscher Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V.)


Eine Möglichkeit, einen Tinnitus „in den Griff“ zu bekommen, ist die sogenannte

kognitive Verhaltenstherapie (KVT). In etwa 5 bis 15 Sitzungen sollen Betroffene dort lernen, so mit dem Ohrgeräusch umzugehen, dass es im Alltag nicht mehr einschränkt und weniger belastet. Die KVT für Tinnitus kann einzeln oder in Gruppen erfolgen.

Klingt erstmal anstrengend. Ist es auch, wird aber gerne empfohlen und verspricht gute Aussichten auf Linderung.


Darüber hinaus ist natürlich die Hypnosetherapie eine ausgezeichnete Methode, das Leiden deutlich zu lindern.

 

Sei dir aber bei jeder Art der Therapie immer bewusst, dass ein chronischer subjektiver Tinnitus nicht „weg therapiert“ werden kann.

Ziel einer jeden Tinnitus Behandlung kann immer nur sein, das Geräusch ins Leben zu integrieren und eine Strategie zu entwickeln, dass die Lebensqualität nicht weiter beeinträchtigt wird. Wenn Betroffene das akzeptieren, ist die Prognose günstig und die Erfolgsquote liegt bei 70-80 Prozent.

Die hypnotherapeutische Behandlung eines Tinnitus sollte dabei immer zwei Aspekte berücksichtigen.

Die Bearbeitung des emotionalen Hintergrundes und die Beeinflussung des Störempfindens.

Wenn der emotionale Hintergrund identifiziert ist, lässt er sich entweder ändern oder aber die persönliche Einstellung zum Auslöser bzw. Verstärker kann verändert werden.

Darüber hinaus können Betroffene in einer hypnotischen Trance die Wahrnehmung des Geräusches dauerhaft verändern mit dem Ziel, dass der Tinnitus nicht mehr stört.


Falls du also an einem belastenden Tinnitus leidest, musst du dem Geräusch nicht hilflos ausgeliefert bleiben.

Lass zunächst von einem Arzt, die Art des Tinnitus diagnostizieren. Ohrgeräusche mit organischer Ursache lassen sich häufig sehr gut medizinisch behandeln.

Für die Behandlung eines subjektiven Tinnitus gibt es eine Vielzahl an kompetenten TherapeutInnen.

Und nicht vergessen! Für den Erfolg einer Psychotherapie ist zu über 50% das Vertrauensverhältnis zwischen TherapeutIn und KlientIn entscheidend. Vollkommen unabhängig von der Art der Therapie.


Für Fragen, Kritik oder Anregungen bin ich wie immer nur eine E-Mail entfernt.


Viele Grüße

Richard


P.S. Dieser Beitrag freut sich, wie auch alle Vorherigen, über eine weite Verbreitung. :-)


Immer wenn ich aus Gründen der besseren Lesbarkeit die maskuline Schreibweise verwendet habe, sind doch immer alle Geschlechter angesprochen.

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