Hypnosepraxis am Sachsenwald       Richard Petersen 

Psychotherapie / Hypnosetherapie                                                   21465 Reinbek, Am Rosenplatz 8                               

"Irgendwann flieg ich auf!"

Richard Petersen • Apr. 28, 2023

 Impostor-Syndrom, das Leid der Leistungsstarken

„Was mache ich hier eigentlich?“ „Kann ich das überhaupt?“ „Irgendwann kommen die mir auf die Schliche.“

„Die merken bestimmt bald, dass sie mich völlig überschätzt haben.“


Fast alle Menschen kennen diese Gedanken. Und fast alle zweifeln einmal an ihren beruflichen Fähigkeiten.

Wenn sich dieses Gefühl jedoch manifestiert, sprechen wir vom Impostor-Syndrom.


Darunter leiden meist leistungsstarke Personen, die ihre beruflichen Erfolge nicht ihren eigenen Fähigkeiten zuordnen. Nicht selten sind auch hochbegabte (IQ > 130) und höchstbegabte (IQ >145) Menschen betroffen.

Anhaltende Selbstzweifel und Angst, als Betrüger oder Hochstapler (Englisch: impostor) entlarvt zu werden, sind Anzeichen des Impostor-Syndroms.

Betroffene halten ihre Erfolge häufig für Glück oder Zufall. Rückschläge hingegen werden auf persönliche Unzulänglichkeit zurückgeführt.

Darüber hinaus kann das Impostor-Syndrom auch außerhalb des beruflichen Kontexts auftreten – zum Beispiel bei Eltern und in Familien, in Beziehungen oder in der Schule.

Der Fokus der Forschung liegt bisher aber auf dem Impostor-Syndrom im beruflichen Umfeld.


Geprägt wurde der Begriff „Impostor-Syndrom“ von den beiden Psychologinnen Dr. Pauline R. Clance und Suzanne A. Imes bereits 1978. Sie beschrieben ihre Beobachtungen in einem Artikel, dass sich viele erfolgreiche Frauen als Hochstaplerinnen fühlten und glaubten, ihre beruflichen Leistungen würden überschätzt.

Neuere Forschungen konnten jedoch feststellen, dass fast genauso viele Männer betroffen sind. Allerdings gehen Männer anders damit um.

Eine Studie von Rebecca Badawy an der Youngstown University in Ohio ergab, dass Frauen (nach eigenen Angaben) in Erwartung einer Beurteilung oder eines negativen Feedbacks zwar ängstlicher sind als Männer, sich davon aber zu besseren Leistungen anspornen lassen.

Männer mit Impostor-Syndrom hingegen strengen sich bei Aussicht auf Negativ-Feedback weniger an und resignieren eher.

Als Begründung wird vermutet, dass Männer traditionell mit einem höheren Erwartungsdruck konfrontiert werden und somit mit stärkeren Versagensängsten zu kämpfen haben.


Menschen, die sich für Hochstapler halten, reagieren laut US-Unternehmenscoach Melody Wilding mit zwei unterschiedlichen Herangehensweisen auf tägliche Herausforderungen.


Die Einen sind fleißig und sorgfältig, überlassen nichts dem Zufall. Bei Erfolg sehen sie sich in ihrer Art bestätigt und werden immer akribischer. Für sie ist nichts gut genug – man hätte es stets noch besser machen können.


Die Anderen prokrastinieren.

Statt zu arbeiten, sorgen sie sich, malen sich aus, wie sie versagen und abgelehnt werden. Für sie ist es einfacher, sich vorsichtshalber gleich kleinzumachen und der zwangsläufigen Enttäuschung bewusst zuvorzukommen.

Wenn diese Menschen trotzdem erfolgreich sind, lassen sie ihren Erfolg nicht gelten.

"Das war Glück. Ich habe nichts dazu beigetragen."

Geht die Sache tatsächlich schief, verurteilen sie sich hart: "War doch klar, dass das nicht funktioniert."


Egal welchen Weg man wählt, das Resultat bleibt dasselbe: "Ich habe diesen Job nicht verdient. Ich kann nichts. Und bald wissen das auch alle anderen."


Sidekick: Wusstest du, dass es auch das Gegenteil des Impostor-Syndroms gibt?

Man nennt es den Dunning-Kruger-Effekt. Dieser besagt, dass gerade inkompetente Menschen sich selbst überschätzen.

Impostoren aber haben keine fachlichen Schwächen, sie haben nur eine falsche Wahrnehmung der eigenen Qualifikationen.


Was sind die Ursachen des Impostor-Syndroms?

Wodurch das Phänomen ausgelöst wird, ist nicht gänzlich geklärt. Studien legen nahe, dass die Erziehung und der familiäre Hintergrund dabei eine Rolle spielen könnten. Etwa, wenn Eltern die Bedeutsamkeit von Leistung und Erfolg ihrer Kinder stark in den Vordergrund stellen.

Außerdem könnte Perfektionismus eine weitere Rolle bei der Entwicklung des Hochstapler-Syndroms spielen. Betroffene denken häufig, alle Aufgaben perfekt erledigen zu müssen. Diese Menschen haben hohe, gar unrealistische Maßstäbe, an denen sie sich selbst messen.

Der empfundene Druck in der Leistungsgesellschaft kann eine weitere Ursache für das Hochstapler-Syndrom sein. Alles muss immer besser, größer, erfolgreicher werden. Das Leistungsdenken wächst immer weiter – der Wert eigener Erfolge bleibt dabei auf der Strecke. Nach jedem erreichten Ziel folgen neue Erwartungen und Anforderungen. Das innere eines Hamsterrads sieht von innen auch aus wie eine Karriereleiter.

Introvertierte Personen oder Menschen mit geringem Selbstwertgefühl neigen übrigens eher dazu, das Impostor-Syndrom zu entwickeln.


Als Betroffene vom Impostor-Syndrom gelten übrigens u. a. auch Michelle Obama, Tom Hanks, Lady Gaga, Emma Watson und auch Albert Einstein.


Was können mögliche Folgen des Impostor-Syndroms sein?

Das Gefühl, ein Hochstapler zu sein, kann nicht nur den (Arbeits-)Alltag erschweren. Auch gesundheitliche Folgen sind möglich.

Studien haben gezeigt, dass das Impostor-Syndrom zu einem Rückgang der Arbeitsleistung und Arbeitszufriedenheit führen kann. Gleichzeitig erhöht sich das Risiko für einen Burnout. Es gilt auch als möglicher Auslöser von Angststörungen und Depressionen.


Wenn du glaubst, vom Impostor-Syndrom betroffen zu sein, kann der nachfolgende Test bei der Einschätzung helfen.

Nimm dir ein paar Minuten Zeit und prüfe, welche der folgenden Aussagen auf dich zutreffen.

Ich glaube, meinen Erfolg nicht verdient zu haben.

Ich habe Angst, bloßgestellt zu werden.

Ich stelle hohe Ansprüche an mich.

Ich versuche oft, andere zu beeindrucken.

Ich lege großen Wert darauf, was andere von mir denken.

Ich kann schlecht Komplimente annehmen. Sie sind unverdient.

Ich denke, viele andere könnten meinen Job ohne Probleme machen.

Ich bin überzeugt, dass mich Kollegen oder Freunde überschätzen.

Ich mag mich nicht auf andere verlassen.

Ich fürchte mich davor, Fehler zu machen.

Ich will meinen Chef mit jeder einzelnen Leistung überzeugen.

Ich kann mir nicht erklären, wie ich es so weit geschafft habe.

Ich verstehe nicht, was andere an meiner Arbeit so besonders finden

Ich glaube, meine Kollegen sind besser als ich.


Auswertung:

Hast du hier und da zustimmend genickt, ist das kein Grund zur Sorge. Irgendetwas trifft immer zu.

Wenn du der Hälfte der Aussagen zustimmen kannst, ist es ratsam, aufmerksam zu sein. Prüfe, ob deine Selbstzweifel begründet sind.

Bei 9 oder mehr Zustimmungen spricht vieles dafür, dass du unter dem Impostor-Syndrom leidest. Dann ist es Zeit, dein Selbstbewusstsein zu stärken und die Zweifel zu überwinden.


So kannst du dem Syndrom entgegenwirken:

Reden hilft!

Es hilft, zu wissen, dass auch andere Menschen daran leiden. Selbst Menschen, die man für hoch kompetent hält.


Lerne, Komplimente anzunehmen!

Es hilft, sich nicht selbst „klein“ zu reden. Keine Tiefstapeleien mehr. („Ach, das war nur so ein Gedanke.“) Keine Entschuldigung mehr. („Mit etwas mehr Zeit hätte ich das noch besser hinbekommen.“) Ab jetzt das „Danke, das freut mich.“ üben. Mit etwas Übung wirst du es verinnerlichen.


Ein Erfolgstagebuch kann den Selbstwert unterstützen. Kleine und große Erfolge und alle guten Feedbacks können notiert werden. Es hilft, deinen Erfolg durch die Augen Anderer zu beurteilen. Darüber hinaus kann es auch ein gutes Nachschlagewerk werden, wenn Feedback- oder Gehaltsgespräche anstehen.


Führen die mit dem Impostor-Syndrom einhergehenden Gefühle allerdings zu einem hohen Leidensdruck, ist es ratsam, eine Psychotherapie in Anspruch zu nehmen!


Hypnotherapie ist für den Fall eine außerordentlich angenehme Methode, dein Selbstwertgefühl zu heben und dein Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen zu stärken.

Hypnose begleitet dich dabei sanft an die Ursache, den Auslöser für dein Verhalten. Dort können negative Glaubenssätze umformuliert werden. Im Zustand der hypnotischen Trance kannst du deine Glaubenssätze neu schreiben und in deinem Bewusstsein verankern, damit sie dir im Alltag zur Verfügung stehen.


Übrigens brauchst du keine Sorge haben, dass du nach erfolgreicher Hypnotherapie ins Gegenteil verfällst und der „Dunning-Kruger-Effekt“ eintritt. :-)

Wer am Hochstapler Syndrom leidet, wird nie wirklich ein Hochstapler sein! Das liegt in der Natur des Phänomens.


Viele Grüße,

Richard


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Immer wenn ich die maskuline Schreibweise verwendet habe, sind selbstverständlich alle Geschlechter angesprochen.

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