Hypnosepraxis am Sachsenwald       Richard Petersen 

Psychotherapie / Hypnosetherapie                                                   21465 Reinbek, Am Rosenplatz 8                               

Toxische Beziehungen

Richard Petersen • Okt. 05, 2023

Was es bedeutet und wie man einen Ausweg findet

Machtspiele, Eifersucht, Manipulationen: Toxische Beziehungen sind weit verbreitet - in Partnerschaften, im Job, in der Familie und unter Freunden.

 

- Als sie ihren neuen Job anfing, schien alles perfekt. Ihr Chef überhäufte sie nahezu mit Lob. Doch es dauerte nicht lange, bis sich ihr vermeintlicher Traumjob als Albtraum entpuppte. Immer häufiger überschritt ihr neuer Chef Grenzen, kam ihr körperlich zu nahe. "Bin ich zu empfindlich?", fragte sich Anna, die eigentlich anders heißt.

Mit der Zeit ging es Anna immer schlechter. Etwas zu sagen, traute sie sich nicht. Sie hatte Angst, dass sie wieder gehen muss, wenn sie jetzt nicht funktioniert.

Sich nicht trauen, Grenzen zu setzen - ein typisches Alarmsignal von toxischen Beziehungen!

Schließlich ging Anna nur noch mit Magenschmerzen und Migräne zur Arbeit. Doch es wurde noch schlimmer: Ihr Chef fing an, sie ständig zu kritisieren, Workflows wurden geändert. Ihr Chef veränderte ständig die Regeln. Sie galten heute so und morgen wieder so, Anna konnte gar nicht mehr mitkommen. Sie ist wirklich fast verrückt geworden.-


Häufig ist von toxischen Beziehungen in Partnerschaften die Rede. Aber auch im Arbeitsumfeld gibt es Fälle, wo Arbeitnehmer unter toxischen Chefs leiden.

Gleiches gilt innerhalb der Familie oder im Freundeskreis, wenn Eltern zum Beispiel ihren Kindern kaum Empathie zeigen oder wenn Freunde nur nehmen, aber nie etwas zurückgeben. Nicht selten ist ein toxisches Verhältnis auch zwischen Sportlern (insbesondere Einzelsportlern) und deren Trainern zu beobachten.


Der Begriff toxische Beziehung bezeichnet dabei nichts Neues. Früher nannte man toxische Beziehungen einfach „unglückliche Beziehungen“. Es gab sie schon immer!

Toxisch bedeutet so viel wie "giftig", eine ungesunde Beziehung. Machtspiele, Eifersucht, Narzissmus - Toxische Beziehungen äußern sich oft diffus. Frauen sind dabei mit 41 % häufiger betroffen als Männer mit 31 %.


Toxische Beziehungen können negative Folgen für die Gesundheit haben. Einige Betroffene beklagen Magenprobleme oder Schlafstörungen, wieder andere bekommen psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angstzustände.


Gibt es toxische Menschen?

Den Begriff "Toxische Beziehung" hört man immer wieder. Doch was bedeutet "toxisch" im Beziehungskontext eigentlich? Eine wissenschaftliche Definition gibt es dafür bislang nicht. Es gibt also keine bestimmten Kriterien, anhand derer eine toxische Beziehung festgemacht werden kann.

Eine Person als solche wird in der Psychologie nicht als toxisch bezeichnet. In einer toxischen Beziehung muss es zudem keine klassische Täter-Opfer-Konstellation geben.

Vielmehr geht es um eine destruktive Dynamik, die sich zwischen zwei Menschen entwickeln kann. In einer anderen Beziehungs-Konstellation ist es durchaus möglich, dass jeder einzelne keine toxische Beziehung führen würde.

Eine destruktive Dynamik entsteht häufig, wenn zwei stark gegensätzliche Beziehungstypen aufeinandertreffen – zum Beispiel eine "Geber-Persönlichkeit" und eine "Nehmer-Persönlichkeit".


Prinzipiell kann also jede erdenkliche Beziehung in eine toxische Dynamik geraten.

Vor allem Liebesbeziehungen sind es aber, denen man sich häufig nur schwer entziehen kann und die einen erheblichen Einfluss auf unseren Alltag haben. Denn mit dem festen Partner verbringt man vergleichsweise viel Zeit und begegnet sich besonders intensiv und intim.

Häufig ist es für Betroffene schwierig, rechtzeitig zu erkennen, dass sie in einer toxischen Beziehung stecken. Zu gerne möchte man sich selbst vom Gegenteil überzeugen. Zudem entwickeln sich toxische Verhaltensmuster oft schleichend. Anhand der folgenden Punkte kannst du versuchen, einmal in dich zu gehen und deine Beziehung auf potenzielle Warnzeichen hinterfragen.


1. Extreme

Mal scheint alles perfekt, man ist sich nah und begegnet sich leidenschaftlich. Im nächsten Moment kann die Stimmung kippen und wo gerade noch ein inniges Wir-Gefühl war, breitet sich eine kalte Distanz aus, die oft auch mit Abwertung einhergeht und typischerweise nur von einer Partei ausgeht. Beim Gegenpart löst dieses Verhalten Unsicherheit und Verlustängste aus, so als wäre die Beziehung permanent instabil und könnte jeden Moment kaputt gehen. Eine gesunde Balance fehlt.


2. Verlust der Autonomie

Die "Nehmer-Persönlichkeit" in einer toxischen Beziehung hat häufig ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Kontrolle. Vermeintliche Fürsorge kann dann schnell in ein dominantes Verhalten umschlagen. Mitunter scheint dieser Part sogar eine Art Elternrolle zu übernehmen. Im Gegenzug erwartet er von dem Partner Dankbarkeit.

Diese Dynamik kann dazu führen, dass die "Geber-Persönlichkeit" einen Teil ihrer Autonomie verliert.


3. Co-Abhängigkeit

Wenn die Bedürfnisse des Gegenübers so sehr in den Vordergrund rücken, dass der Bezug zu den eigenen Gefühlen und Gedanken verloren geht, spricht man von einer Co-Abhängigkeit. In diesem Fall benötigt der Partner oder die Partnerin häufig viel Aufmerksamkeit und Zuwendung und der Gegenpart geht darauf ein und unterstützt den anderen bis zur Selbstaufgabe in seinem toxischen Verhalten.


4. Isolation

Ein weiteres Indiz, das auf eine toxische Beziehung hinweisen kann, ist der soziale Rückzug einer oder beider Personen aus der Außenwelt. Kontakte zu Freunden und Verwandten brechen mit der Zeit immer mehr ab, womöglich werden auch die eigenen Interessen oder Hobbys vernachlässigt.

Der soziale Rückzug macht es besonders schwer, sich aus einer solchen Beziehung zu lösen. Sich den Menschen, die man aufgrund der Partnerschaft zurückgewiesen hat, wieder zuzuwenden, kann mit Scham behaftet sein – genauso wie das Eingeständnis, dass die Beziehung gescheitert ist. Vor allem, wenn Freunde und Familie zuvor bereits Bedenken geäußert haben.


5. Wesensveränderungen

Hast du bemerkt, dass du dich seit Beginn deiner Beziehung verändert hast? Oder haben sich womöglich Freunde oder Familienmitglieder entsprechend geäußert? Vielleicht lachst du weniger, freust dich seltener, ziehst dich häufiger zurück, hast keine eigenen Pläne mehr. Auch das kann ein Zeichen für eine destruktive Beziehung sein.


6. Verstecken

Wenn du dich nicht traust, deine Gedanken und Gefühle vor deinem Partner preiszugeben, könnte dies ebenfalls ein Warnzeichen sein. Denn ein solches vermeidendes Verhalten kann aus Angst vor Konsequenzen entstehen. Wenn du befürchtest, beim Partner negative Reaktionen wie Wut oder Sanktionen auszulösen und aufgrund dessen lieber schweigst, solltest du deine Beziehung überdenken.


7. Erschöpfung

Wenn du dich permanent ausgelaugt fühlst und die Beziehung dich mehr Gedanken und Energie kostet, als du im Ausgleich zurückerhältst, könnte dies ebenfalls ein Warnzeichen sein. Dies kann sich sowohl in psychischer als auch körperlicher Ermüdung äußern.


Narzissmus als häufiges Muster in toxischen Beziehungen

In toxischen Beziehungen stehen die Bedürfnisse des einen dominant im Vordergrund und die Aufgabe des anderen ist es, sie zu erfüllen. Narzissten haben kein Wir-Gefühl. Sie haben nur: "Ich brauche dich, damit es mir gut geht. Und deshalb muss du so sein, wie ich dich haben will".

Narzissten in Beziehungen sind so stark mit der Aufrechterhaltung ihres Selbstwertgefühls beschäftigt, dass ihnen die gefühlvolle Zuwendung zum anderen fehlt.

Übrigens: Narzissmus ist auch ein Anzeichen bei Männern, die das "Peter-Pan-Syndrom" haben.


Toxische Beziehung: Trennung oder Partnerschaft retten?

Wenn die eigene Beziehung nur noch Energie raubt und man zu einem Großteil der Zeit unglücklich ist, dann ist eine Trennung eigentlich eine naheliegende Option. Doch das ist manchmal leichter gesagt als getan. Viele Betroffene harren weiterhin in einer toxischen Beziehung aus, weil sie emotional abhängig vom Partner sind. Auch die Angst vor dem Alleinsein trägt häufig dazu bei, dass man lieber in der unbefriedigenden Partnerschaft bleibt.

Eine US - amerikanische Studie aus dem Jahr 2013 ergab, dass Menschen, die sich vor dem Single-Leben fürchten, eher dazu neigen, toxische Beziehungen zu ertragen.


Kann man eine toxische Beziehung retten?

Der Wunsch, an einer Beziehung festzuhalten und diese in eine gesunde Partnerschaft umzuwandeln, ist nachvollziehbar. Inwieweit diese Hoffnung realistisch ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. So könntest du dir folgende Fragen stellen und ehrlich beantworten:


  • Welchen Preis zahle ich, wenn ich weiter an der Beziehung festhalte? Habe ich genügend Energie/Durchhaltevermögen?
  • Aus welcher Motivation möchte ich mit dem Partner zusammenbleiben? Ist es wirklich Zuneigung oder womöglich Angst vor dem Alleinsein?
  • Ist die Einsicht/Bereitschaft auch auf der anderen Seite zu sehen?

Zeigt der Partner Einsicht, ist das bereits ein wichtiger Schritt. Experten zufolge sollten nun beide Parteien versuchen, Erwartungshaltungen abzubauen und dem jeweils anderen weniger abzuverlangen – etwa, indem sich beide auf ihre eigenen Fähigkeiten und Vorlieben konzentrieren und die dort gewonnene Kraft in die Beziehung einbringen.


ABER! ABER! ABER!

Es ist kaum möglich, toxische Beziehungen auf Dauer erträglich zu gestalten, wenn der Partner ein Narzisst ist.

Selbst wenn sich der narzisstisch veranlagte Partner professionelle Hilfe sucht, ist es so gut wie unmöglich, die Persönlichkeitsstörung zu heilen.

Fast noch unmöglicher ist es, den Partner überhaupt erst zu einer Therapie zu bewegen. Typisch für den Narzissten ist es, dass er die Schuld für Konflikte dem jeweils anderen zuschiebt. 


Toxische Beziehung beenden und verarbeiten

Wenn du dich entscheidest, eine toxische Beziehung zu beenden, ist auch das ein wichtiger Schritt.

Die Einsicht, dass eine Partnerschaft mit einem bestimmten Menschen nicht funktioniert, ist allerdings oft erst der Anfang. Denn gerade dann, wenn eine Beziehung von einer toxischen Dynamik geprägt ist, stößt die Trennung beim jeweils anderen vermutlich auf Inakzeptanz.

Um aus diesem Zustand herauszukommen, hilft nur ein radikaler Kontaktabbruch. Betroffene können sich dafür auch professionelle, psychologische Unterstützung suchen.


Als erste Anlaufstelle, Hilfe zu erhalten ist beispielsweise die Telefonseelsorge: 0800/111 0 111 oder 0800/111 0 222 geeignet.


Als psychotherapeutische Methode bietet sich die Hypnosetherapie an, Verluste zu überwinden, ein gesundes Selbstwertgefühl wieder aufzubauen und neue Zuversicht für das weitere Leben zu gewinnen.

Jeder Mensch verfügt über hilfreiche Ressourcen nach einer toxischen Beziehung, egal wie lange diese andauerte, wieder neue Zufriedenheit mit sich selbst zu spüren.


Vielen dank fürs Lesen und viele Grüße

Richard


P. S. Für die bessere Lesbarkeit habe ich die maskuline Schreibweise verwendet. Angesprochen sind selbstverständlich immer alle Geschlechter. Auch bezüglich der beschriebenen Beziehungen sind selbstverständlich immer alle geschlechtlichen Kombinationen berücksichtigt.

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